1926 bis 1949

1926 stellte die Kammgarnspinnerei an das Elektrizitätswerk Weiß & Söhne ein „Ersuchen um Stromlieferung”. Da die Kapazität der eigenen Anlagen nicht mehr ausreichte, verzichtete die Firma Weiß auf einen weiteren Ausbau der Eigenerzeugung und schloss am 27. März 1926 einen Vertrag mit der Überlandzentrale Südharz GmbH über den Bezug von „Fernstrom” ab. Die Überlandzentrale Südharz errichtete „Im Westerfeld” ein 50/10 kV-Umspannungswerk, aus dem eine Mindestabnahme von 300.000 kWh vereinbart wurden. Über ein 10 kV-Kabel wurde der Drehstrom zu einem neu errichteten Transformatoren- und Gleichrichterhaus geleitet und dort durch drei Quecksilbergleichrichter in Gleichstrom gewandelt. Über dieses Umspannungswerk wurde die Kammgarnspinnerei von der Überlandzentrale Südharz GmbH versorgt und ein direkter Stromliefervertrag abgeschlossen, da die Kammgarnspinnerei kein damaliges städtisches Gebiet berührte. Somit partizipierte die Firma Weiß & Söhne nicht von einer Stromdurchleitung des bezogenen Fernstroms an den neuen Stromkunden.

Obwohl dem E-Werk ab 1926 Drehstrom zur Verfügung stand und man die Vorteile erkannt hatte, nahm man keine Drehstromumstellung vor. Lediglich die Transformatorenstation in der Badewiese wurde über ein 10 kV-Kabel vom Umspannungswerk aus mit Drehstrom versorgt. Grund für diese außergewöhnliche Maßnahme war die Ausrichtung des Brunnenfestes. An diesem traditionellen Platz mussten alljährlich die Schausteller angeschlossen werden.

In dieser Zeit begannen die Nachbarstädte Mühlhausen, Eisenach, Erfurt und viele andere Stadtwerke mit der Umstellung der Netze von Gleich- auf Drehstrom. In Langensalza hatte die Fa. Weiß & Söhne jedoch kein Interesse mehr an Investitionen, da im Jahre 1933 das gesamte Anlagevermögen in Stadteigentum übergehen würde.

Der Besitzwechsel wurde am 1. April 1933 durchgeführt und das Elektrizitätswerk Weiß & Söhne wurde den „Städtischen Betriebswerken” zugeordnet. Die gesamte Geschäftsleitung wurde im Klopstockhaus untergebracht. Herr Goldammer schied 1935 nach 39-jähriger Tätigkeit als Betriebsleiter des Elektrizitätswerkes Langensalza aus. Er war ein engagierter und rastlos tätiger Mann.

Unter der Leitung von Herrn Dr. Lambertin, welcher von den Stadtwerken Halle kam, wurde mit dem weiteren Ausbau des Verteilernetzes begonnen. Ausgehend von der Trafostation Badewiese wurde ein 10 kV-Außenring geschaffen, an dem eine Anzahl von Stationen einfach per Abzweigmuffe angeschlossen wurden. Die starre, nichtschaltbare Netzform bereitete später, besonders bei der Fehlersuche, große Schwierigkeiten. Da keine natürliche Netztrennung möglich war, mussten bei Reparaturarbeiten ganze Stadtteile abgeschaltet werden. Die Außenviertel der Stadt konnten somit aber auf Wechselstrom umgestellt werden. Der 2. Weltkrieg und die damit verbundenen Materialschwierigkeiten verhinderten eine Weiterführung der Umstellungsarbeiten.

Das 1935 beschlossene Energiewirtschaftsgesetz standardisierte die damals dominierende wirtschaftliche Praxis, nach der die Energieversorgungsunternehmen sich durch Konzessionsverträge mit den Kommunen ihre Gebietsmonopole sicherten. Die Energieversorgung – einheitlich als Netzbetrieb und Energielieferung verstanden – wurde als natürliches Monopol angesehen. Der Ausschluss des Wettbewerbs durch diese Regelungen diente dem in der Präambel formulierten Ziel, „die Energieversorgung so sicher und billig wie möglich zu gestalten“. Dieses Ziel sollte durch den Erhalt einer dezentralisierten Energieversorgung – meist durch Stadtwerke – erreicht werden. Obwohl das Gesetz in seiner konkreten Ausgestaltung eher technischer Natur war, sollte in der Präambel des Gesetzes – damals eher ideologisch zeitgemäß – „volkswirtschaftlich schädigende Auswirkungen des Wettbewerbs“ verhindert werden. Mit geringen Änderungen blieb es, obwohl umstritten, für mehr als 50 Jahre in Kraft.

1937 erhöhte man die Stromerzeugung des E-Werkes mit einem weiteren Lokomobile-Aggregat (225 kW-Wechselstrom-Generator). Durch den so erzeugten Wechselstrom war man in der Lage, bei Ausfall des Fernstromes, lebenswichtige Betriebe – die inzwischen auf Wechselstrom umgestellt waren – weiter zu versorgen. Zusätzlich wurde im Gleichrichterhaus ein Einanker-Umformer für 150 kW aufgestellt.

Im Jahresbericht der Stadtwerke Langensalza der Wirtschaftsjahre 1938/39 sind interessante Hinweise über die Arbeit im E-Werk zu finden. Bis zum Jahre 1939 wurden insgesamt 63 km Drehstrom- und Gleichstromleitungen verlegt. Es gab 1.869 Hausanschlüsse und 4.506 Stromabnehmer zu jener Zeit. Die nutzbare Stromabgabe betrug im Jahr 1939 2.508.061 kWh. Die Verlustrate lag bei 20 %.

Ein großer Rückschlag für die Stromversorgung war die während des 2. Weltkrieges getroffene Anordnung des Kriegsministeriums, Buntmetallabgaben zu leisten. So wurde u. a. das gesamte Kupfer-Freileitungsnetz gegen Eisendrähte ausgetauscht. Erwähnt sei hier ein technischer Kniff: Ein Endbund mit dem Eisenseil war am Freileitungsisolator nicht möglich. Aus diesem Grund wurden an den Enden des Eisen-Leiterseils Kupferseilenden angenietet.

Im Herbst 1945 verließ Herr Dr. Lambertin die Stadtwerke Langensalza. An seiner Stelle übernahm Herr Dipl.-Ing. Hösel die Leitung der Stadtwerke.

Nach Ende des 2. Weltkrieges musste die komplette Eigenerzeugung des E-Werks durch die Dieselmotoren eingestellt werden, da diese nur noch einen Schrottwert hatten. Für die eine noch vorhandene Lokomobile erfolgte keine Kohlezuteilung. Damit fiel die Leistung des E-Werkes von 2.000 kW auf 1.250 kW und der gesamte Strombedarf (Wechsel- und Gleichstrom) musste nun durch Fernstrom gedeckt werden. Während die Verteilung des Wechselstromes keine Schwierigkeiten bereitete, ergaben sich ernste Missstände bei der Gleichstromversorgung. Bei einer installierten Leistung von etwa 340 kW stieg der Verbrauch (vor allem in den Wintermonaten) auf 500 kW an. Unter großen Schwierigkeiten gelang es im Jahre 1946, durch Aufstellen eines zusätzlichen Quecksilber-Gleichrichters die Leistung vorübergehend auf 400 kW zu erhöhen. Die fehlenden 100 kW Gleichstrom konnten jedoch im Winter 1947 nur durch teilweise Stadtgebietsabschaltungen gemeistert werden. Dabei wurden das Heizen und Kochen mit Strom unter Androhung empfindlicher Strafen verboten. Erst nach dem Aufstellen eines geliehenen 175 kW- Gleichstromgenerators über einen Lederriemenantrieb, konnte die zweite Hälfte des Winters 1947 überwunden werden. Der Wirkungsgrad wurde wohlweislich verschwiegen.